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Der meistverkaufte Stuhl der Welt

20.01.2022 | Kinostart: "Monobloc" von Hauke Wendler

Für den einen ist er seelenlose Massenware, für die andere unverzichtbarer Alltagsgegenstand – doch eines ist sicher: Der Monobloc-Stuhl ist der meistverkaufte Stuhl der Welt. Welche Bedeutung dieses Stück Plastik für Menschen auf der ganzen Welt hat, zeigt der Hamburger Filmemacher Hauke Wendler in seinem neuen Dokumentarfilm "Monobloc", der am 27. Januar im Verleih von Salzgeber in den Kinos startet.

Die Geschichte von Hauke Wendler und dem Monobloc-Stuhl beginnt 2013 in einer Wüste im Jemen. Genauer gesagt mit dem Foto eines "Zeit"-Artikels, das rund 70 weiße Stühle in eben dieser Wüste zeigt: „Das war ein visuell ziemlich eindrucksvolles Bild, auf dem die sinkende Sonne ein Schattenmeer über die Stühle warf. Und ich habe mich gefragt, was um alles in der Welt dieser Plastikschrott dort mitten in der Wüste macht", sagt Wendler. Und so habe er sich mit seiner Produktionsfirma PIER 53 kurzerhand dazu entschlossen, einen Film über den Monobloc zu machen. Das Team hatte gerade zwei andere Dokumentarfilme abgeschlossen, einer lief bereits im Kino. „Wir hatten einen Lauf und dachten, das wird ein Klacks für uns. Rückblickend war diese Herangehensweise wirklich ein bisschen größenwahnsinnig", so Wendler und lacht.

Hauke Wendler (r.) bei den Dreharbeiten auf St. Pauli

Die Finanzierung des Films zog sich volle fünf Jahre hin, andere Filme hatte das Team in zwei bis drei Monaten finanziert bekommen. Eine Lektion, die der Filmemacher in dieser Zeit lernen sollte: Nur weil eine Idee im ersten Moment extrem spannend klingt, heißt das nicht, dass ein Film draus wird. „Viele Leute, mit denen wir sprachen, waren erst begeistert und nahmen nach mehrmaligem Nachdenken über das Thema wieder Abstand. Wir waren mit der Idee wirklich bei jedem Pitch und jedem Festival. Am Ende habe ich mich wie jemand gefühlt, der ein gebrauchtes Auto mit drei Rädern verkaufen will", sagt Wendler.

...fragte das Filmteam in Hamburg. Spoiler: Die meisten halten nicht viel von Plastikstühlen

Doch nachdem fünf Förderungen mit an Bord waren, wurde der Dokumentarfilm dann Stück für Stück realisiert. 2016 reiste das Filmteam für eine erste Materialsicherung nach Italien, um den Ursprüngen des Stuhls in einem alten Familienbetrieb auf die Spur zu kommen. Kurze Zeit später folgte dann erneut ein kleiner Schock: Das „Vitra Design Museum" in Weil am Rhein hatte sich dazu entschlossen, eine Ausstellung zum Monobloc zu machen. „Die hatten genau unser Thema. Da sind wir im wahrsten Sinne des Wortes fast vom Stuhl gefallen. Würde sich danach noch jemand für unseren Film interessieren? Doch das muss man dann aushalten. Wir haben weitergemacht", so Wendler.

Von den USA über Uganda bis nach Brasilien hat Hauke Wendler Geschichten zum Monobloc gefunden

Und wer sich die Geschichten hinter dem Stuhl anschaut, die der Hamburger Filmemacher auf der ganzen Welt gefunden hat, wird froh sein, dass er an seiner Idee festgehalten hat. Von den USA über Brasilien und Uganda bis nach Frankreich, Italien und St. Pauli führte ihn seine Reise. In Uganda am Victoriasee lernte er, dass der Stuhl die Lebensqualität einiger Menschen extrem verbessern kann, indem er für die Herstellung von Rollstühlen eingesetzt wird. Auch in Indien ist der Monobloc ein unverzichtbares Möbelstück, da er für fast jeden erschwinglich ist und überall zum Einsatz kommt. Oder mit einem Filmzitat von Hauke Wendler: „Denn was am Ende zählt, ist nicht der Stuhl, sondern dass man sitzt." Und so blickt der Film nicht nur auf die Entstehungsgeschichte, sondern seine Bedeutung für die Menschen und die Frage, worum es im Leben wirklich geht. In Deutschland stößt der Stuhl – es war beinahe zu erwarten – zum Großteil auf Ablehnung. Doch das ist eben nur eine Seite der Medaille.

Hauke Wendler bei den Dreharbeiten in St. Peter Ording

Für eine Einstellung im Film musste sich PIER 53 selbst 150 Exemplare des Plastikstuhls zulegen. Sie wurden in St. Peter Ording am Strand feinsäuberlich zu dem Wort Monobloc aufgebaut. „Die Stühle standen danach alle in unserem Büro herum. Mittlerweile haben wir noch 48 davon. 80 haben wir allein nach Ghana geschickt", verrät Hauke Wendler. Er selbst hat bei sich zu Hause nicht einen Monobloc, nur in der Wochenendhütte finden sich vier der Stühle. Sie sind eben einfach praktisch – und erfüllen ihren Zweck. Sogar in der Wüste des Jemen.

Credits: PIER 53 Filmprodukuktion/Salzgeber
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