
Von Schweden nach Hamburg – in einer Sekunde
28.11.2018 | Wenn Drehorte nicht das sind, was sie zu sein scheinen

Habt ihr schon mal eure Heimatstadt in einem Film erkannt, obwohl die Story des Films eigentlich ganz woanders spielt? Keine Seltenheit – und die Gründe hierfür können vielfältig sein. Auch nach Hamburg kommen immer wieder nationale und internationale Filmteams. Denn ob New York, Stockholm oder London – die Stadt an der Elbe hat viele Gesichter.
Eine wahnwitzige Verfolgungsjagd: Die Hackerin Lisbeth Salander verfolgt ihre Widersacher mit dem Auto auf einer Landstraße irgendwo in Schweden. Quietschende Reifen, harte Drifts und jede Menge Schweiß (beim Zuschauer!) inklusive. Nach viel Natur erreichen die beiden Wagen eine Autobahnzufahrt. Ist das nicht die A7? Wenige Sekunden später endet die Jagd auf einer Brücke, die dem einen oder anderen Hamburger bekannt vorkommen dürfte: Die Kattwykbrücke mit ihren markanten blaugelben Pfeilern. Hier trifft Salander zum ersten Mal auf ihre Erzrivalin – eine Schlüsselszene des Films. Doch wie kommt die Titelheldin der neuen Verschwörung-Verfilmung von Regisseur Fede Alvarez so schnell von Schweden nach Hamburg?
Trailer Verschwörung

Das Filmteam war auf der Suche nach einer Brücke, die sich per Knopfdruck in ihrer Gänze heben und senken lässt, da Lisbeth Salander in der Szene auf diese Weise entkommt. Da man in Schweden keine geeignete Brücke fand, wurde im näheren Umfeld nach passenden Brücken gescoutet. Dank Unterstützung des Location Managements und der Hamburg Port Authority konnte das Filmteam schlussendlich in die Hansestadt geholt werden. Auch der Hamburger Hafen ist in ein paar Einstellungen im Film zu sehen, insgesamt drei Tage verbrachte das Filmteam an der Elbe und hat die Zeit bestmöglich genutzt, wie der fertige Kinofilm beweist, der seit dem 22. November 2018 in den deutschen Kinos läuft.
Engel in der Stadt
Erst kürzlich bekam die Stadt weiteren prominenten Besuch aus Hollywood: Regisseurin und Darstellerin Elizabeth Banks drehte im Herbst 2018 mehrere Szenen für ihr Remake von Charlie's Angels in Hamburg – und suchte sich hierfür Hamburgs neues Wahrzeichen die Elbphilharmonie aus. Im Film wird das Konzerthaus zur Zentrale der Bösen umfunktioniert, die Story ist jedoch in Hamburg angesiedelt. Mehrere der aufwendigen Actionszenen wurden zudem beispielsweise am Jungfernstieg gedreht. Wer sich den Actionkracher 2019 im Kino anschaut, wird somit an Hamburg nicht vorbeikommen – und zwar weltweit. Gut möglich, dass die Engel den Filmtourismus in der Hansestadt weiter beflügeln und auch andere Filmteams nachziehen. Hier wurde also nicht eine Stadt für eine andere ausgegeben, aber das genutzte Gebäude wurde zweckentfremdet.

Ein berühmtes Ermittlerduo hat die Stadt bereits für sich entdeckt: Wenn die beiden Ermittler Carl Mørck und Assad ab dem 9. Mai 2019 in Verachtung über die große Leinwand flimmern, wird ein Großteil der Geschichte in Kopenhagen spielen. Der Autor der Buchvorlage Jussi Adler-Olsen ist Däne, das Setting liegt also nahe. Wer sich jedoch einige Szenen mal etwas genauer anschaut, wird beispielsweise den Hamburger Hafen oder die Große Elbstraße entdecken. Rund 10 Drehtage verbrachte das Team um Regisseur Christoffer Boe Anfang 2018 in der Hansestadt – auch in Schleswig-Holstein wurden mehrere Szenen gedreht.

Hamburg in der DDR
Einige Städtewechsel sind jedoch schon eine ganze Weile her. Bereits in den 50ern verfilmte Regisseur Helmut Käutner mit Der Hauptmann von Köpenick das berühmte Theaterstück von Carl Zuckmeyer. Da Köpenick 1956 noch zur DDR gehörte, suchte man in Hamburg nach geeigneten Drehorten – und fand sie unter anderem im ehemaligen Finanzamt Schlump, das mit seinem imposanten Erscheinungsbild kurzerhand zum Rathaus von Köpenick umfunktioniert wurde.

Wenn die Fleete zur Themse werden
Nur fünf Jahre später verfilmte Regisseur Alfred Vohrer den Edgar Wallace Klassiker Die toten Augen von London, der ursprünglich – wie der Name bereits andeutet – in London angesiedelt war. So wurden zum Beispiel die Fleete in der Speicherstadt zur Themse. Weitere Aufnahmen entstanden am Sandberg in Hamburg-Altona und im Realfilm-Studio in Hamburg-Wandsbek.

Für das Remake von Jerry Cotton mit unter anderem Christian Tramitz und Christian Ulmen, machten die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert 2009 die Stadt Hamburg kurzerhand zur Weltmetropole New York. Die Backsteinarchitektur der Speicherstadt passte perfekt – nur das Wahrzeichen fehlte: die Freiheitsstatue. Aber auch das stellt heutzutage natürlich kein Problem mehr dar, sie wurde einfach per VFX-Effekt in den Hintergrund eingefügt. Immer noch günstiger, als mit dem gesamten Filmteam nach NY zu fliegen.
Detlev Bucks Komödie Rubbeldiekatz mit Matthias Schweighöfer und Alexandra Maria Lara wurde zum Großteil in Berlin gedreht. Doch das Berliner Nobelhotel, das im Film zu sehen ist, heißt eigentlich Jenisch-Haus, steht in Hamburg Othmarschen und zeigt wechselnde Ausstellungen.

Auch Independent-Filmer Jim Jarmusch verschlug es mit seinem Film Only Lovers Left Alive im Jahr 2012 in die Hansestadt. Eine Szene der Vampir-Romanze, die in Cannes für die Goldene Palme nominiert war, spielte im damals sehr angesagten Club Kir in Hamburg-Altona. Ein Setfoto, das später auch für eines der Kinoplakate verwendet wurde, hat Setfotograf Gordon Timpen genau hier geschossen. Eigentlich spielt die Szene übrigens in Detroit.

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