Eine feministische Science-Fiction-Geschichte
02.10.2023 | Kinostart „Sultana’s Dream“
Willkommen im Ladyland: Mit „Sultana's Dream" startet am 7. März ein Animationsfilm in den Kinos, der eine indische, feministische Science-Fiction-Geschichte aus dem Jahr 1905 aufgreift und neu verpackt. Der Film von Isabel Herguera kombiniert verschiedene Animationsstile und richtet sich an ein erwachsenes Publikum. Koproduziert wurde „Sultana's Dream" von dem Animationsstudio Fabian&Fred aus Hamburg.
„Sultana's Dream von Rokeya Hossain fiel mir in die Hände, als ich mich in einer Buchhandlung in Ahmedabad vor dem Regen schützte. Ich wusste sofort, dass dies der nächste Film war, den ich machen wollte". So beschreibt die spanische Regisseurin und Drehbuchautorin Isabel Herguera ihre erste Begegnung mit „Sultana's Dream", einer feministischen Science-Fiction-Geschichte, die 1905 in Bengalen geschrieben wurde und in der die Frauen das Sagen haben. Rund acht Jahre später bringt Herguera ihre ganz eigene Version der Geschichte als Animationsfilm auf die große Leinwand. Mehr als 100 Personen, davon 75 Prozent Frauen, haben an der Realisierung der internationalen Koproduktion gearbeitet – darunter auch das Hamburger Animationsstudio Fabian&Fred.
„Ich habe Isabel bei einer Werkschau der AG Animationsfilm in Köln kennengelernt, nachdem ich ihren Projekt-Teaser online gesehen hatte", sagt Produzent Fabian Driehorst. Man blieb in Kontakt – und nachdem der eigentliche Koproduktionspartner aus Deutschland das Projekt wieder verlassen hatte, sprang Driehorst mit seiner Firma im Jahr 2020 ein. „Ich fand das Projekt nach wie vor spannend und wollte dem Ganzen eine Chance geben. Da der Film jedoch bereits in Produktion war, konnte wir nirgendwo mehr Produktionsförderung beantragen und mussten mit einem riesigen Eigenanteil einsteigen. So wurde es eine sehr entbehrungsreiche Reise", verrät Driehorst. Finanzielle Unterstützung kam als erstes von ARTE und im weiteren Verlauf eine Postproduktionsförderung der MOIN Filmförderung. Musik, Sound und Mischung entstanden in der Hansestadt bei Zeigermann Audio, die Farbkorrektur fand bei Optical Arts statt.
Wer jetzt rund drei Jahre später den fertigen Film sieht, kann nur erahnen, wieviel Arbeit und Liebe zum Detail in dem Langfilm steckt. Die größte Herausforderung: Die ursprüngliche Atmosphäre der Geschichte bewahren, ohne sie mit einem westlichen Blick zu verfälschen. „Damals kam uns der Gedanke, dass sich die Geschichte um Inés drehen sollte: Eine junge, spanische Künstlerin, ein wenig verloren, ohne Leidenschaften oder langfristige Ziele. Sie beschließt nach der Entdeckung des Buches eine Reise nach Indien zu unternehmen, auf der Suche nach den Spuren der Autorin von Sultana's Dream", sagt Filmemacherin Herguera über den Inhalt. Parallelen zu ihrem eigenen Leben sind dabei unverkennbar: Herguera selbst verbrachte 12 Jahre in Indien und verfolgte nach der Entdeckung der Geschichte ebenfalls die Route der Autorin Rokeya Hossain.
Um Inés Reise visuell umzusetzen, bediente sich das Team drei verschiedenen Animationstechniken. Ein Großteil der Story (Inés Reise in der Gegenwart) wurde in klassischer 2D-Animation gestaltet. „Die Hintergründe wurden dabei komplett mit Aquarellfarben gemalt, die Figuren wiederum digital animiert", verrät Fabian Driehorst.
Die Scherenschnitt-Technik kam bei den Sequenzen über das Leben von Rokeya Hossain im Indien des frühen 20. Jahrhunderts zum Einsatz. Bei dieser Technik arbeitete Isabel Herguera mit Künstler*innen aus Bengalen zusammen, die auf den Bau von Schattentheaterpuppen spezialisiert sind. Die Animation der ausgeschnittenen Figuren findet direkt unter der Kamera auf einer Multiplane statt. Die Hintergründe sind dabei handgemalt auf Seidenpapier und werden von hinten beleuchtet.
Die dritte Animationstechnik findet in dem Teil des Films Anwendung, der dem utopischen Ladyland gewidmet ist – also die eigentliche Geschichte hinter „Sultana's Dream, in der die Frauen die Macht haben und Männer zu Hause bleiben und sich um die Hausarbeit kümmern müssen. Für den „Mehndi-Stil" hat das Team um Herguera mit Henna-Tattoo-Künstlerinnen zusammengearbeitet. Die Verwendung dieses Stils schien die bestmögliche Hommage an Rokeya Hossain zu sein: Das temporäre Mehndi-Tattoo dürfen nur Frau tragen – es ist traditionell mit Hochzeiten oder Festen verbunden und symbolisiert mehr als alles andere Weiblichkeit.
Mit animierten Kurzfilmen wie „Steakhouse", „Night" oder „The Chimney Swift" liefen Fabian&Fred in den letzten Jahren auf nahezu allen weltweit wichtigen Filmfestivals und konnten zahlreiche Preise mit nach Hause nehmen. Passt Sultana's Dream ebenfalls ins Portfolio der Firma? „'Sultanas Dream' ist ein filmisches Unikat, bei dem die Handschrift der Künstlerin in jedem Bild sichtbar ist. Und das ist die Art von Film, die wir machen wollen, die wir selbst entwickeln und nach denen wir suchen. Filme, die erzählerisches Risiko eingehen dürfen und überraschen", sagt Produzent Fabian Driehorst. International ist „Sultanas Dream" bereits sehr gut aufgenommen worden. Bei der Uraufführung in San Sebastian gab es Standing Ovation und die internationale Presse reagierte durchweg positiv. Beim Filmfest Hamburg konnte der FIlm den Hamburger Produzentenpreis gewinnen. Als nächstes kann sich jetzt das deutsche Publikum von "Sultana's Dream" überzeugen.