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Mission Finnland

09.12.2021 | Hamburger Koproduktion im Sundance Wettbewerb 2022

Mit einem Filmdebüt beim renommierten Sundance Film Festival zu laufen, ist eher ungewöhnlich: Doch genau das ist gerade der finnischen Filmemacherin Tania Anderson mit „The Mission" gelungen. Der Dokumentarfilm um vier jugendliche Mormon*innen aus den USA, die zum Missionieren nach Finnland fahren, wird dort im Wettbewerb zu sehen sein. Aktuell läuft die Postproduktion in Hamburg.

Auch wenn die Story vielleicht eher nach Fiktion klingt, ist "The Mission" ein waschechter Dokumentarfilm: Die vier US-Teenager McKenna, Kai, Megan and Tyler machen sich am Ende ihrer Schulzeit auf die Reise nach Finnland, um die Menschen dort von ihrem Glauben zu überzeugen. Alle vier sind Mormon*innen und gehören zur " Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage". Für ihren Missionsreise verlassen sie ihre Heimat zum ersten Mal in ihrem Leben: „Mit den Finnen haben sich diese Jugendlichen Europas unreligiöseste, verschlossenste und skeptischste Menschengruppe ausgesucht", sagt Regisseurin Tania Anderson und lacht. Eine harte Nuss also. Ob sie am Ende ihrer Reise dennoch erfolgreich sind, wird der Film kommendes Jahr auf der großen Leinwand zeigen.

V.l.: Hamburger Koproduzent Dirk Manthey, Regisseurin Tania Anderson und Produzent Juho-Pekka Tanskanen

Die Idee für „The Mission" entstand im Jahr 2016, als die Regisseurin zufällig auf dem Land ein paar Jugendliche auf Englisch über den Teufel und allerlei Versuchungen reden hörte. Anderson wurde neugierig und kam mit den jungen Mormon*innen ins Gespräch. Sie fragte noch an Ort und Stelle, ob die jungen Missionar*innen sich einen Film über ihre Reise vorstellen könnten. „Und eines Tages klopften sie dann tatsächlich an meiner Tür und gaben mir die Kontaktdaten des Medienzuständigen der Kirche in Finnland. Der erste Kontakt kam also sehr schnell zustande – doch dann wurde es schwierig", verrät Anderson. Es dauerte rund ein Jahr, bis sie die Medienabteilung davon überzeugt hatte, dass „The Mission" kein investigativer Film über die Kirche werden würde. Denn im Kern ist der Dokumentarfilm eine Coming of Age-Geschichte, welche die Jugendlichen mit all ihren Problemen in einem fremden Land in den Fokus setzt.

Die jungen Missionar*innen müssen sich an die "ewige Dunkelheit" in Finnland erst gewöhnen

Zu dieser Zeit kam auch die finnische Produktionsfirma Danish Bear Productions mit den beiden Produzent*innen Isabella Karhu und Juho-Pekka Tanskanen an Bord und unterstützte beim Genehmigunsprozess. Nachdem die finnische Vertretung der Kirche überzeugt war, ging der Filmgesuch in die Hauptzentrale nach Salt Lake City, wo es erneut sechs Monate dauerte, bis die Dreharbeiten abgesegnet wurden. Mittlerweile schrieben wir das Jahr 2019 – und die Regisseurin traf die Kids das erste Mal über Skype, um zu schauen, wer sich für den Dokumentarfilm eignet. Aus 13 jugendlichen Missionaren wählte sie sechs aus, die sie anschließend noch vor ihrer Abreise in den USA besuchte und bei ersten Testaufnahmen filmte. „Ich wollte wissen, was sie zurücklassen, wie ihr Zuhause aussieht. Ihre Nervosität vor der Abreise, ihre Aufregung und ihre Hoffnungen. Das alles sollte mit in den Film, um ihre ganze Reise von Anfang bis Ende zu zeigen", sagt die Filmemacherin. Nachdem die Filmcrew in Las Vegas ankam, musste sie für die Aufnahmen rund 8000 Meilen quer durch den Westen der USA fahren. „Das war eine verrückte und sehr intensive Zeit. Wir mussten immer rund sechs Stunden zum nächsten Ort fahren und haben dann direkt nochmal vier Stunden gedreht", so Anderson.

Ein Blick in das Missionary Trainings Center in den USA (Utah)

Bevor der Hauptdreh in Finnland startete, stieß der Hamburger Produzent Dirk Manthey zum Projekt hinzu, der Danish Bear bereits von einem Filmpitch aus Triest kannte. „Ihr damaliges Projekt „The last Misfits by the golden River" hatte mir beim Pitch bereits sehr gut gefallen – und „The Mission" hat mich auch direkt überzeugt", verrät der Hamburger. Deshalb verwundert es auch nicht, dass die Postproduktion im November und Dezember 2021 in der Hansestadt stattfindet bzw. stattfand: Für das Color-Grading war Martin Heckmann mit seiner Firma Kinopost zuständig, aktuell kümmert sich das Superhearo Studio in Ottensen ums Sounddesign und die richtige Mischung: „Es ist immer eine besondere Herausforderung, wenn man mit einer Sprache arbeitet, die man nicht versteht – in diesem Fall Finnisch. Doch ich mag das sehr, da man nochmal etwas über den Tellerrand schauen kann", sagt Gründer und Sound Engineer Janis Grossmann-Alhambra.

Janis Grossmann-Alhambra im Hamburger Superhearo Studio mit Tania Anderson

Über den Tellerrand konnte auch Tania Anderson mit ihrem Debütfilm schauen. Bisher war die gebürtige Schweizerin, die in Frankreich aufwuchs, als Journalistin für Zeitschriften wie National Geographic tätig. „The Mission" ist also nicht nur ihr erster Kinodokumentarfilm, sondern ihr erster Film überhaupt. „Ich bin meinen Produzent*innen so unendlich dankbar, dass sie einem Nobody diese Chance gegeben haben", sagt Anderson. Sie lerne aktuell jeden Tag dazu, gerade was das technische Verständnis anbelangt. „Zum Glück bin ich eine schnelle Lernerin. Und ich hatte eine wirklich tolle Filmcrew, die viel Geduld mit mir hatte und mir Dinge erklärt hat", sagt sie und lacht. Und dass ihr Erstlingswerk direkt im Wettbewerb beim Sundance Film Festival landet – damit hätte wohl niemand aus dem gesamten Team gerechnet.

Auch in Finnland gehört das Gebet zum Alltag der jungen MIssionar*innen

„Ich bin superglücklich und kann es eigentlich noch gar nicht so richtig fassen. Man hofft natürlich auf so eine Festivalteilnahme, tut es aber meisten im gleichen Moment als nett gemeinten Witz wieder ab", sagt Produzent Juho-Pekka Tanskanen, der die Postproduktion in Hamburg begleitet. Witzig und etwas skurril war auch das erste Treffen mit den Sundance-Programmierer*innen: „Ich habe Makeup aufgelegt, mich zurecht gemacht und war bereit, für unser Baby zu kämpfen und die Jury zu überzeugen. Und dann fragten sie gleich am Anfang des Gesprächs einfach nur, ob wir ihre Einladung für den Wettbewerb annehmen würde. Wir waren sprachlos ", so Tania Anderson. Jetzt ist die Mission jedoch klar: Bis Ende des Jahres soll der Film fertiggestellt werden – und im Januar feiert er seine Premiere im Wettbewerb beim Sundance Film Festival 2022. Wir drücken alle Daumen, die wir haben.

Credits: Filmstills: Danish Bear Productions/Dirk Manthey Studiobilder: Moin Filmfördeung/Daniel Szewczyk
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