MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein

„Land unter“ in Schleswig-Holstein

19.02.2025 | Weltpremiere „Yunan“ bei der Berlinale

Hanna Schygulla sitzt in der Mitte an einem Tisch. Links und rechts im Vordergrund sitzen Ameer Fakher Eldin und Georges Khabbaz
Bei den Dreharbeiten auf der Hallig Langeneß: Georges Khabbaz (l.), Hanna Schygulla und Ameer Fakher Eldin

Mit seinem ersten Kinofilm „The Stranger“ feierte er Premiere in Venedig – sein zweites Werk „Yunan“ schafft direkt den Sprung in den Wettbewerb der Berlinale 2025. Ameer Fakher Eldin ist einer der aufstrebenden jungen Filmemacher und lebt zurzeit in Hamburg. Sein Berlinale-Drama hat er zum Großteil auf einer Hallig in Schleswig-Holstein gedreht. Was das ganze mit „Land unter“ zu tun hat und wie man Stars wie Hanna Schygulla oder Sibel Kekilli für seinen zweiten Langfilm begeistern kann, verraten wir euch hier.

Von Daniel Szewczyk

„Land unter“ – das klingt im Rahmen eines Filmdrehs erstmal nicht nach einer wünschenswerten Sache. Außer, man braucht die Überflutung für die Handlung des Films. „Eigentlich hatten wir schon mit aufwändigen VFX-Effekten in der Postproduktion geplant, da eine Sturmflut während eines dreiwöchigen Drehs eher unwahrscheinlich ist. Doch am vierten Drehtag hatten wir auf einmal Winde mit 150 km/h und ein Großteil der Hallig wurde geflutet. Ein beeindruckendes Naturschauspiel – und ein Glücksgriff für uns“, sagt Ameer Fakher Eldin. Der Regisseur und Drehbuchautor verbrachte im Jahr 2023 rund drei Wochen auf der Hallig Langeneß in Schleswig-Holstein, um seinen zweiten Langfilm „Yunan“ dort zu drehen. In dem Drama geht es um den Exil-Autor Munir, der zwar seit längerer Zeit in Hamburg lebt, jedoch nie wirklich angekommen ist. Eines Tages beschließt er, auf eine einsame Hallig zu fahren, um seinem Leben ein Ende zu setzen.

Schwarz-Weiß Foto von Georges Khabbaz, der zwischen Gräsern steht
Georges Khabbaz bei einer Außenaufnahme auf Langeneß

Bereits in Eldins erstem mehrfach ausgezeichneten Film „The Stranger“ geht es um das Gefühl von Heimat und Fremde – um einen Familienvater, der sich aufgrund der politischen Lage im eigenen Land nicht zu Hause fühlt, aber trotzdem nicht gehen will. Sein zweiter Film baut genau darauf auf und zeigt eine Figur, die ihr Land verlassen hat und jetzt nicht mehr zurückkehren kann. „Ein Gefühl, das mir sehr vertraut ist. Ich bin in den Golanhöhen aufgewachsen, ein kleiner Landstrich zwischen Syrien und Israel. Hier ist es aufgrund der politischen Spannungen sehr leicht, sich fremd und abgeschnitten zu fühlen. Ich musste dafür nicht einmal in ein anderes Land gehen“, sagt der Regisseur, der für die Postproduktion von „The Stranger“ vor vier Jahren nach Hamburg gekommen ist und die Stadt an der Elbe anschließend zu seiner neuen Heimat gemacht hat. Liebe auf den ersten Blick sozusagen.

Schwarz-weiß Foto von Regisseur Ameer Fakher Eldin, der mit Mantel und Sonnenbrille draußen steh.
Regisseur Ameer Fakher Eldin während einer Drehpause

Bereits kurz nach seiner Ankunft in Hamburg startete Eldin mit der Arbeit an „Yunan“ und reiste über zwei Jahre lang regelmäßig auf die Hallig Langeneß, die für seine Handlung wie gemacht zu sein schien. „Ein Platz, an dem die See das Land verschluckt. Das erschien mir als sehr passende Metapher für meinen Film“, sagt Eldin. „Es ist wirklich ein unglaublicher Ort, ein Weltkulturerbe mit beeindruckender Natur.“

Dabei lernte er nicht nur die Motive, sondern auch die Halligbewohner*innen und ihre Kultur Stück für Stück besser kennen. „Die Menschen sind wie die Landschaft, ruhig, gelassen und großzügig. Man hat mich wirklich sehr herzlich empfangen“, so Eldin. Einige haben es sogar in den fertigen Film geschafft und spielen quasi sich selbst. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem Starensemble, das Eldin für seinen zweiten Kinofilm verpflichten konnte. Mit dabei sind Hanna Schygulla, Sibel Kekilli und Tom Wlaschiha – in die Hauptrolle des Munir schlüpft der libanesische Schauspieler Georges Khabbaz. Wie schafft man es für sein Zweitwerk direkt so große Namen an Land zu ziehen? „Ich arbeite ohne Casting-Agenturen, sondern schreibe allen Darsteller*innen, die ich gerne dabei hätte, einen Brief. Hanna hatte ich beim Schreiben des Drehbuchs zum Beispiel direkt im Kopf – sie ist eine echte Legende,“ verrät Eldin. Mit Hanna Schygulla habe er sich nur wenige Tage später in Paris getroffen und sie hat direkt zugesagt.

Die eigentlichen Dreharbeiten waren dann eine echte logistische Herausforderung, da es auf der Insel nur zwei kleine Hotels und wenige Airbnb-Unterkünfte gibt. Das Filmteam musste buchstäblich alle zur Verfügung stehenden Betten auf der Hallig nutzen und sich auf mehrere Häuser aufteilen. Noch komplizierter wurde es, als sich die Sturmflut ankündigte. „Niemand konnte mir wirklich sagen, wie das „Landunter“ ablaufen wird, da es immer anders ist. Wir teilten uns so auf die Häuser auf, dass ein einsatzfähiges Kernteam zusammenblieb – letztendlich hatten wir 20 Minuten Zeit für den Dreh der Wassermassen, es ging alles wahnsinnig schnell“, sagt Eldin. Doch am Ende hat sich der Aufwand gelohnt und die „Landuntersequenz“ ist ein zentrales Element im Film. Neben der Hallig Langeneß wurden auch mehrere Szenen in Hamburg sowie in Apulien (Italien) gedreht.

Produziert wurde „Yunan“ von Dorothe Beinemeier und ihrer Hamburger Produktionsfirma Red Balloon Film, die auch schon bei seinem Debutfilm „The Stranger“ mit an Bord war. „Doro ist wirklich einzigartig – sie hat mir schon sehr früh viel Vertrauen entgegengebracht. Und sie will nie meine Drehbücher lesen! Wir treffen uns abends auf einen Wein und ich erzähle ihr die Geschichte und sie stellt dann viele Fragen“, sagt Eldin und lacht. Scheinbar ein Rezept, das sich bewährt hat.

Filmstill aus dem Film Yunan mit Hanna Schygulla und Georges Khabbaz,
Georges Khabbaz und Hanna Schygulla in einer Szene aus "Yunan"

Denn jetzt stehen alle Zeichen auf Berlinale, wo der Film am 19. Februar seine Weltpremiere feiern wird. Ein großer Moment nach so viel harter Arbeit. Doch Ameer Fakher Eldin arbeitet bereits an seinem dritten Film – wieder mit Dorothe Beinemeier. Der dritte Teil seiner bereits von Anfang an als Trilogie ausgelegten Filmreihe um die Themen „Heimat“ und „Exil“. Dieses Mal geht es jedoch um einen Charakter, der sich komplett frei gemacht hat von allen Ängsten. Vielleicht also ein echtes Happy End für Eldins Trilogie – und ein potentieller Beitrag für die Berlinale 2027.

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