
Filmteamkupplerin aus Hamburg
04.05.2017 | Verena Gräfe-Höft
Mit
- Wie hast du von dem Projekt The Swan erfahren und wie lief die Zusammenarbeit?
Ich habe Hlin, Birgitta und Asá zum ersten Mal 2015 in Cannes getroffen. Wir haben erst ganz allgemein über unsere verschiedenen Filmprojekte gesprochen und gleich gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge sind. Wir lieben dieselben Filme und haben denselben Humor. Außerdem sind wir alle EAVE-Absolventinnen, das verbindet. Magisch war dann die "zufällige" Begegnung mit der Regisseurin Asá. Ich hatte in dem Jahr eine Karte für den Wettbewerbsfilm Louder than Bombs ergattert. 2000 Menschen waren in dem großen Kinosaal und ich saß zufällig neben dieser sympathischen Isländerin, mit der ich ins Gespräch kam. Dann stellte sich plötzlich heraus, dass sie die Regisseurin von dem Film ist, über den ich mit den beiden isländischen Produzentinnen mittags gesprochen hatte. War das Schicksal, Zufall? Wir hatten alle das Gefühl, es war "meant to be".

- The Swan erzählt die Geschichte der neunjährigen Sol, die den Sommer auf einer abgelegenen Farm auf Island verbringen soll, um "erwachsen" zu werden. Wie liefen die Dreharbeiten?
Wir haben im Juli und August in Island gedreht. Von Hamburger Seite sind der Kameramann Martin Neumeyer und der Filmeditor Sebastian Thümler beteiligt. Der Dreh lief gut, besonders wenn man bedenkt, dass es ein gemischt isländisches, estnisches und deutsches Team war. Mit dem Wetter hatten wir auch großes Glück. Für den Gesamtablauf war es hilfreich, dass sich Martin und Sebastian kennen und sich auch schon vor Drehbeginn gemeinsam über das Projekt austauschen konnten. Wir haben mit einer Woche Versatz gedreht und geschnitten. Das war neu für die isländischen Produzentinnen und auch für die Regisseurin, die sich aber alle gerne darauf eingelassen haben. Für mich, obwohl es eine minoritäre Produktion ist, ist diese Koproduktion ein perfektes Beispiel dafür, wie man sich, obwohl der Dreh nicht in Deutschland stattfindet, trotzdem inhaltlich und organisatorisch sehr eng an das Projekt binden kann. Der Schnitt ist eine ebenso wichtige kreative Säule wie der Dreh, und damit konnten wir aus Hamburg etwas Entscheidendes beitragen. Da steht nicht nur Junafilm drauf, sondern da steckt auch viel Junafilm drin.
Die European Film Promotion (EFP) lädt mit ihrem Programm „Producer on the Move" jedes Jahr vielversprechende Filmtalente aus ganz Europa zum Internationalen Filmfestival nach Cannes ein. In diesem Jahr ist die Hamburger Filmproduzentin Verena Gräfe-Höft dabei. Ziel des renommierten Programms ist es, internationale Produktionen zu fördern und neue Filmprojekte anzustoßen.
- Wie wichtig sind internationale Koproduktionen für deine Firma Junafilm?
Ich habe eigentlich von Anfang an auch immer international koproduziert. Mir war es wichtig, dass ich mir ein solides Netzwerk an internationalen Partner*innen aufbaue und Filme realisiere, die über den deutschen Tellerrand hinausstrahlen. Das wird in Zukunft sowieso immer wichtiger. Jede Koproduktion erweitert den Horizont und wirkt sich auch auf die eigenen, deutschen Produktionen wieder positiv aus. Man nimmt etwas an Erfahrung mit und probiert Filmpraktiken aus, die hier nicht so üblich sind, aber durchaus sinnvoll sein können und umgekehrt natürlich auch.
- Wie erfährst du von interessanten Filmprojekten und wann steigst du ein?
Zum einen suche ich manchmal gezielt nach Projekten auf den Koproduktionsmärkten, wie beispielsweise in Cannes und Berlin, zum anderen treten auch Koproduzent*innen auf Empfehlung von anderen Filmschaffenden an mich heran. Somit ist mein Netzwerk über die Jahre gewachsen, und ich habe schon einige Koproduzent* innen, mit denen ich bereits das zweite, dritte Projekt gemeinsam anschiebe. Weiterbildungsprogramme wie EAVE unterstützen dabei natürlich auch. Ich suche prinzipiell auch eher nach »echten« Koproduktionen, in denen ich mich auch einbringen kann, mit kreativen Talenten aus Deutschland und Hamburg. Das andere sind dann eher Kofinanzierungen, die kann man natürlich auch machen. Da steigt man dann erst ein, wenn 80 Prozent des Projekts schon finanziert sind.
- Was bedeutet die internationale Vernetzung und das internationale Produzieren für dich hier am Standort Hamburg?
Hamburg und Schleswig-Holstein bieten eigentlich unglaublich viele interessante Drehorte, vor allem in Kombination mit den nordischen Ländern. Hamburg ist, gemessen an anderen Orten, unkompliziert. Das liegt vielleicht daran, dass hier früher Verträge per Handschlag besiegelt wurden. Behörden, die Filmförderung und die Kreativen selbst werden hier von ausländischen Partnern als sehr kooperativ eingeschätzt. Besonders freut mich, dass nach Drehende Teammitglieder aus unterschiedlichen Ländern zu unseren Hamburger*innen und Schleswig-Holsteiner*innen Kontakt halten und sie in zukünftige Projekte auch wieder mit einbinden wollen. Da fühle ich mich in der Rolle der "Filmteamkupplerin" sehr wohl. Wichtig ist mir, dass es keine Einbahnstraße bleibt und dass wir bei unseren Nachbarn den Eindruck hinterlassen, dass ein Projekt nicht hauptsächlich nur finanziell, sondern auch kreativ besser wird, wenn man Hamburg und Schleswig-Holstein mit an Bord hat.
Nach Abschluss ihres Filmstudiums an der Hamburg Media School 2009 hat Verena Gräfe-Höft ihre Produktionsfirma Junafilm gegründet. Internationale Aufmerksamkeit bekam sie 2013, als ihre Produktion Tore tanzt in Cannes Weltpremiere hatte. Mit ihrem aktuellen Projekt The Swan hat Verena Gräfe-Höft nach den erfolgreichen drei Antboy-Filmen mit Dänemark eine weitere internationale Koproduktion realisiert. Zudem setzt sich Gräfe-Höft als Mitbegründerin der Hamburger Dependance von WIFT (Woman in Film and Television) für die Förderung weiblicher Spitzenkräfte in der Filmbranche ein.
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