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Wie doll soll die Nase glänzen?

13.01.2023 | "Maurice der Kater" goes Sundance

Am 9. Februar 2023 startet "Maurice der Kater" in den deutschen Kinos

Autor Terry Pratchett ist eine echte Institution in England, seine 42 Scheibenwelt-Romane auf der ganzen Welt gefeiert. Im Januar läuft die Verfilmung der Geschichte um den orangen Straßenkater Maurice auf dem Sundance Film Festival. Der Grundstein für diesen außergewöhnlichen Animationsfilm wurde jedoch nicht in UK, sondern in Deutschland gelegt. Genauer gesagt in Hamburg Altona – bei der Produktionsfirma Ulysses Films.

Ohne den Animationsfilm „Ooops! Die Arche ist weg..." hätte es „Maurice der Kater" vielleicht gar nicht gegeben. Als „Ooops!" fertig war, lud die Hamburger Produktionsfirma Ulysses Films im Jahr 2015 zu einem großen Teamscreening ins Savoy Kino ein. Auf der Einladungsliste stand auch der Agent des Fantasy-Autoren Terry Pratchett, dessen Bücher weltweit rund 95 Millionen Mal verkauft wurden. Ob er kommen würde? Ein Glücksspiel. Doch das Glück war auf der Seite von Ulysses: Er kam und „Ooops!" überzeugte ihn sofort. Nach dem Screening entstand ein reger Austausch – und Ulysses bekam die Option auf die Rechte an „Maurice". Ein Herzensprojekt, das das Team um Produzentin Emely Christians unbedingt umsetzen wollte. In dem Roman geht es um den geschäftstüchtigen Kater Maurice, der auf der Scheibenwelt mit einer Truppe schlauer Ratten unterwegs ist und gemeinsam mit einem Flötenspieler die Bevölkerung in den Städten um ihr Geld bringt. Eine Geschichte, die Pratchett an den Rattenfänger von Hameln angelehnt hat und die in dem fiktiven Ort Bad Blintz im Schwarzwald spielt. Doch Pratchett-typisch ist sein Katzenabenteuer sehr sozialkritisch und mit skurrilen Ideen gespickt.

Eher untypisch: Die Ratten machen gemeinsame Sache mit Kater Maurice

Nach dem „Go" aus UK konnte die Arbeit am Drehbuch starten. Für das Skript holte man sich prominente Unterstützung ins Boot: den US-Amerikaner Terry Rossio, der auch schon für „Fluch der Karibik" und „Shrek" die Drehbücher schrieb. Seine Drehbuchfassung konnte die Familie Pratchett und ihre Produktionsfirma Narrativia dann auch direkt überzeugen. „Für die Regie war unser Wunschkandidat Toby Genkel, mit dem wir bereits „Ooops!" und später auch „Überflieger" realisiert haben. Wir wussten, dass Humor und Timing bei Toby genau passen würden. Er ist dicht an der Buchvorlage geblieben, hat aber dennoch etwas Eigenes erschaffen", sagt Produzentin Emely Christians. Nachdem die Entwicklung des Projekts im Jahr 2019 schon weit vorangeschritten war, stieg als Koproduzent die UK-Firma Cantilever Media mit ein – und im Mai 2020 konnte die Produktion endlich starten. Über den Zeitraum von zwei Jahren arbeiteten mehr als 250 Menschen in UK und Deutschland an „Maurice". In Hamburg war Studio Rakete für die Animationsarbeit verantwortlich, die bereits seit ihrer Gründung im Jahr 2005 mit Ulysses zusammenarbeiten und im gleichen Bürogebäude sitzen. Hier wurden die Storyboards erstellt, hier wurden die Charaktere für den Film designt. „Unser Production und Character Designer Heiko Hentschel ist großer Pratchett Fan und wusste genau, was im fertigen Film Sinn machen würde", sagt Christians. Er holte auch Figuren wie den Tod oder eine Drachenstatue aus anderen Pratchett-Büchern in die Geschichte.

Wie ist die Stimmung? Einblicke in das Moodboard

In UK wurden die designten Sets und Charaktere dann Stück für Stück per CGI (Computer-Generated Imagery) am Computer gebaut, bevor es ans Animieren ging – die Figuren also im wahrsten Sinne des Wortes laufen lernten. Diese Arbeit teilten sich beide Animationsstudios in Hamburg und Sheffield. „Oft ist es so, dass beispielsweise der Regisseur den Animator*innen Hinweise gibt, wie sich eine Figur bewegen sollte, damit es zu ihrem Wesen und zur Story passt", verrät Christians. Da die Produktion von „Maurice" genau in die Corona-Pandemie fiel, musste dieser Austausch oft per ZOOM stattfinden – einige Teammitglieder habe man während der gesamten Produktion nicht einmal live gesehen. „Die ZOOM-Meetings waren für viele das Highlight der Woche. Hier konnten in großer Runde Fragen geklärt und Meinungen eingeholt werden – all das, was man eigentlich durch einen Besuch im Nachbarbüro klärt", verrät Ulysses-Producerin Denise Tie. Wie doll soll die Nase der Katze glänzen? Wie viele Haare soll das Fell haben? Wie viele Piniennadeln müssen auf dem Boden des Waldes liegen, damit es realistisch aussieht? Alles Fragen, die in den Runden besprochen wurden.

Die meisten der Animator*innen aus Deutschland kannte man bereits aus anderen Projekten. „Wir versuchen jedoch auch immer wieder Newcomer mit an Bord zu holen und für ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen zu sorgen. Das ist bei einigen Jobs in den eher technischen Bereichen allerdings alles andere als einfach", so Christians. Hier fehle es im Norden definitiv an Nachwuchs.

Neben der detaillierten Animationsarbeit wurde auch ein großes Augenmerk auf die Stimmen gelegt: Im Englischen leihen den Hauptcharakteren Emilia Clarke („Game of Thrones"), Hugh Laurie aus „Doktor House" und Himesh Patel („Yesterday") ihre Stimmen. In der deutschen Version wird Maurice von Bastian Pastewka gesprochen, die Rolle des Keith (der Flötenspieler) hat der Hamburger HMS-Absolvent Jerry Hoffmann übernommen: „Ich habe Jerry das erste Mal in dem Branchenblatt Blickpunkt:Film gesehen und mir anschließend im Internet ein paar Interviews von ihm angehört. Er hat einfach perfekt gepasst", sagt Denise Tie. Emely Christians ergänzt: „Bei Emilia Clarke haben wir uns für ihre Synchronstimme Gabrielle Pietermann entschieden. Emilia spricht in ihrer Rolle als Malizia sehr schnell – und Gabrielle ist mit Emilias Tonalität und Timing schon perfekt vertraut." Übrigens: Die Stimmen werden in einer Art Hörspiel eingesprochen, noch bevor es auch nur eine einzige fertige Animation gibt. Die Animationskünstler*innen nutzen die Audiodateien dann später, um sich am Timing der Sprecher*innen zu orientieren.

Die Scheibenwelt-Romane haben weltweit eine riesige Fangemeinde. Fühlt man da eine besondere Verantwortung den Fans gegenüber? „Auf jeden Fall! Aber wir haben bisher nur positives Feedback bekommen – auch von der Fan-Community hier in Deutschland, die sich in diversen Foren und auch Conventions austauscht", sagt Produzentin Christians. Weiteren Zuspruch gab es kürzlich in Form einer Festival-Zusage: „Maurice der Kater" wird seine Nord Amerika Premiere beim renommierten Sundance Festival in den USA Ende Januar 2023 haben. Dort ist er einer von nur drei Filmen, die in der Kids-Sektion laufen. In Deutschland startet Maurice am 9. Februar mit rund 450 Kopien in den Kinos, die große Premiere wird bereits am 29. Januar im Hamburger Cinemaxx stattfinden. In der Heimat von Pratchett hat der Animationsfilm bereits im September seine Premiere auf dem Manchester Animation Festival gefeiert – leider konnte der Autor selbst die Premiere nicht mehr miterleben, er verstarb bereits 2015 weit vor dem Start der Produktion. Doch seine Familie ist mit dem Ergebnis mehr als zufrieden – und er wäre es ganz bestimmt auch.

Das Ulysses-Team: v.l. Emely Christians, Denise Tie, Sonja Matthes, Wolfgang Christians
Credits: Ulysses Filmproduktion/Cantilever Media
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